Home

Was eine Facebook-Diskussion so alles auslösen kann…

06. Mai 2014

In den letzten Tagen habe ich auf Facebook die aktuelle Debatte um den Bürgerservice der Stadt Aachen kommentiert. Dabei habe ich unter anderem von der „Strategie Philipp“ geschrieben, die meiner Meinung nach aus verschiedenen Schritten besteht:

1) Problem aufkommen lassen ohne rechtzeitig gegenzusteuern
2) Andere mit dem Problem alleine stehen lassen
3) Öffentlich von der „fieberhaften Arbeit an einem Notfallplan“ berichten
4) Sich für das Management des Problems öffentlich loben lassen
5) Profit

(Struktur entfernt an den Businessplan der Southpark Gnomes angelehnt)

Dabei habe ich zugegebenermaßen eine etwas stärker umgangssprachlich orientierte Bezeichnung für die einzelnen Punkte gefunden, aber das soll hier nicht der Kerninhalt des Beitrags werden.

Darüber hinaus kann und will ich nicht verbergen, dass ich die Arbeit des Oberbürgermeisters, hier als Chef der Verwaltung adressiert, wohl kaum neutral bewerten kann: Zum einen ist Kommunalwahlkampf, zum anderen gehöre ich einer anderen Partei an. Diese beiden Tatsachen führen möglicherweise zu einer erhöhten Kritikbereitschaft meinerseits, aber das mag die geneignte Leserin dieser Zeile selbst beurteilen.

Ich möchte den Ablauf parallel an zwei Beispielen illustrieren:

A) Die Personalsituation bei der Feuerwehr Aachen
B) Die aktuelle Problematik rund um den Bürgerservice

Weitere Beispiele wären die Standortdiskussion um die David-Hansemann-Schule bzw. die neue Gesamtschule, der Eklat um die Grundstücksvergabe am Alten Tivoli, den Stadtbetrieb oder die U3-Betreuung.

Schritt 1 – Problem aufkommen lassen ohne rechtzeitig gegenzusteuern
A) Seit 2003 ist bekannt, dass durch das damalige Urteil des EUGH ein massiver Personalmangel bei der Aachener Feuerwehr besteht. Bei der Personalversammlung der Stadt Aachen Ende 2013 wurde nochmals besonders deutlich, dass die bestehende „Lösung“ durch freiwillige Mehrarbeit der Kollegen nicht mehr tragbar ist. Die Rechtsgrundlage (OptOut) wird ohnehin in 2016 auslaufen – 13 Jahre sollten eigentlich ausreichen, die Regelungen umzusetzen.
B) Ende 2013 zeichnete sich ab, dass durch Wiederbesetzungssperre und den erforderlichen, aber zuletzt nicht politisch gewünschten, Umbau des Verwaltungsgebäudes Römerstraße die Stimmung im Bürgerservice immer schlechter und schlechter wurde. Der Krankenstand steigt, es gibt Überlastungsanzeigen. Diese Situation sowie mögliche Gegenmaßnahmen wurden am 20. November 2013 im zuständigen Ausschuss von der SPD angesprochen.

Schritt 2 – Andere mit dem Problem alleine stehen lassen
A) Die erforderlichen Ressourcen hätten durch die Verwaltung dringend eingeplant werden müssen. Spätestens in den Haushaltsberatungen 2014 wäre ein Budget erforderlich gewesen. Leider hat der OB hier seine Feuerwehr im Regen stehen lassen. Noch im Januar beschrieb der Dezernent die Situation im zuständigen Ausschuss als unkritisch. Der OB wies die Vorwürfe der SPD am 20.2. zurück, doch dann wurde plötzlich deutlich, dass die entstandenen 40.000 Überstunden vielleicht doch zu Handlungsbedarf führen könnten.
B) Am 8.1.2014 wurde im Personal- und Verwaltungsausschuss berichtet, dass der Bedarf nicht bestünde und die Widerbesetzungssperre bestehen bleiben könne. Mitte April eskaliert die Situation, der Bürgerservice am Katschhof bleibt zwei Wochen geschlossen.

Schritt 3 – Öffentlich von der „fieberhaften Arbeit an einem Notfallplan“ berichten
A) Öffentlich wurde fieberhaft nach einer Lösung gesucht. Schon am 27.2. wurde ein Plan präsentiert, wie das Problem bis 2017 gelöst werden kann. Es sollten zusätzliche Brandmeister ausgebildet und von der Bundeswehr rekrutiert werden. Im Ausschuss am 19.3.2014 wurden dann die zusätzlichen Stellen geschaffen bzw. ein Unternehmen beauftragt den Bedarf zu verifizieren.
B) Der notfallartig entwicklte Aktionsplan wird am 29.4. in Presse präsentiert.

Schritt 4 – Sich für das Management des Problems öffentlich loben lassen
A) OK, hier weicht das Muster etwas ab. Statt des öffentlichen Lobs, muss sich der Oberbürgermeister mit dem eisigen Schweigen der ehemaligen Ratsmehrheit abfinden. Vielleicht folgt dieser Schritt rückwirkend – wir werden es sehen.
B) Im gleichen Artikel (allerdings Printausgabe), lässt der OB sich von der KOMBA für seine schnelle Reaktion loben. Ich verstehe nicht wirklich, was schnell daran sein soll, wenn man zuerst vier Monate auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seine unsinnigen Sparvorschläge durchhält, obwohl man schon frühzeitig erkannt hat, dass es hier eine Ausnahme von der Widerbesetungssperre braucht, aber offenbar ging es tatsächlich primär um das Lob und erst in zweiter Linie um den Inhalt.

Schritt 5 – Profit
Wir werden sehen, ob dieser Schritt tatsächlich eintritt.

Wie schon geschrieben, ich weiß nicht, ob es sich um ein typisches „Politikermuster“ handelt oder ob es nur um Führungskompetenz in der Verwaltung geht (immerhin drehen sich fast alle Beispiele, um interne Verwaltungsabläufe), aber es wird doch deutlich, dass hier etwas ganz falsch läuft.
Der Oberbürgermeister erfüllt zwei Funktionen:
Die des ehemaligen, „ehrenamtlichen“ Oberbürgermeisters und die des Oberstadtdirektors. Unser aktueller OB ist dem zweiten Teil seines Amts aus meiner Sicht derzeit nicht so gewachsen, wie er es sein sollte. Das erkennt man an den oben angeführten Beispielen ebenso wie am Umgang mit der Städteregion oder daran, dass zumindest eine seiner ranghöchsten Mitarbeiterinnen fest davon überzeugt ist, es besser zu können als er.

Themen: Kommunalpolitik