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Soerser Forum – Abfall-Aufregung

25. März 2013

Aachener Zeitung – Recyclinghof: Forum gegen Option Soers

Wo soll und kann er hin, der geplante Recyclinghof Nord? Jedenfalls nicht aufs Gelände der Stadtgärtnerei zwischen Justizvollzuganstalt und Kläranlage – meinen Vertreter des Soerser Forums.

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Hier die Stellungnahme des Soerser Forums im Volltext:

Von H.K.Rouette – Soers, den 23.3.2013

Das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfall-Gesetz 2012 hat u.a. eine umweltverträgliche Wiedergewinnung von Sekundärrohstoffen zur Wertstoffnutzung (Recycling) zum Ziel. Danach wird bezüglich Siedlungsabfall der Erzeuger und Besitzer von Abfall in Privathaushalten unterschieden vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und privat organisierten Erfüllungsgehilfen. In der Abfallhierarchie gelten fünf Stufen:

1) Verwaltung
2) Abfallvorbereitung
3) Wertstofferfassung auf Recyclinghöfen
4) Verwertung
5) Deponie.  

a) Recyclinghof-Situation in Aachen-Stadt Um bis 2020 das vorgegebene Ziel von 65% Verwertungsquote der Siedlungsabfälle zu erreichen, ist die vorhandene Kapazität an Recyclinghöfen in Aachen zu gering (8.000 Fuhren/Woche): – Schadstoffsammelstelle Innenstadt Lilienthalstraße – Recyclinghof und Kompostierung Brand, Camp Pirotte – Privatgelände Eilendorf mit städtischer Nutzung als Recyclinghof Kellerhausstraße. Leider sind die auf Privatgrund in Industriegeländen früher erfolgreich betriebenen Recyclinghöfe Krantzstraße und Liebigstraße entfallen. Deshalb gibt es seit Anfang 2012 die erregte Diskussion um einen neuen Standort Recyclinghof Nord. Am 3.5.2012 nahm die Bezirksvertreterversammlung Laurensberg einen ersten Sachstandsbericht zur Idee eines Recyclinghofes Hand (zentral zur bevorzugten Zielbevölkerung Laurensberg und Richterich auf ungenutztem Friedhofsgelände gelegen) zur Kenntnis, was am 7.11.2012 zu Bürgerprotesten führte. Mit ungewöhnlicher Form trug daher Dr. Barth, Leiter der Stadtbetriebe am 23.1.2013 als Besucher der Bezirksvertreterversammlung einen Alternativplan zur „Idee Hand“, den Recyclinghof Soers vor. Weitere Alternativvorschläge brachte am 27.2.2013 die SPD-Fraktion der Bezirksvertreter Laurensberg mit „idealen“  (O-Ton Frau Efes) Grundstücken am Toledoring ein, nachdem zuvor Soerser Bürger in der Bezirksvertreterversammlung heftige Proteste vorgetragen hatten. Ein später vom Soerser Forum eingebrachter Vorschlag für einen Recyclinghof Industriegebiet Roder Weg in Richterich wurde am 18.3.2012 bei einer öffentlichen Sitzung der SPD-Ratsfraktion in Laurensberg von Planungsamtleiter Kriesel als „Superstandort“ klassifiziert, den man aber wegen offener Planungsfagen in Sachen „Verkehrsanbindung Richtericher Dell“ und „Trassenführung der 258 n“ nicht bereit ist zu verplanen. Am 28.3.2013 wird Dezernet Dr. Barth den Steuerungskreis des Soerser Forums empfangen, um neue Alternativvorschläge zu erläutern, die bisher geheim gehalten werden (Stand 22.3.2013). Nach dem Soerser Forum zugespielten Informationen aus den Stadtbetrieben rechnet man in einem Recyclinghof Nord (Soers) im Zwickel eines spitzen Dreiecks, welches aus Richtung Krefelder Strasse die Abzweigungen zur Kläranlage und zum Gefängnis bilden, auf Teilen des für die ursprüngliche Gartenbau-Nutzung auf Dauer nicht mehr benötigten städtischen Geländes mit einem Flächenbedarf von 4.500 qm. Für Anwohner von Haaren, Soers, Laurensberg und Richterich sollen täglich 360 Hinfuhren, 360 Leerrückfahrten neben 10 LKW Leerhinfahrten und 10 LKW-Vollrückfahrten mit sortierten Wertstoffen über die Sackgasse, die von der Krefelder Straße (als Straße unter Landeshoheit) abzweigt, als einzige Zufahrt für alle Transporte anfallen. Zur Stadtgärtnerei, zur Kläranlage und zum Gefängnis (mit zahlreichen Gewerbebetrieben und mit JVA-Fuhrpark sowie mit An- und Abfahrt der JVA-Bediensteten bei Schichtwechsel und der Gefängnisbesucher) sowie zu den Wohngebieten Hochbrück (24 Familien) und zu den Häusern der JVA-Beamten-Siedlung (zusätzlich zu Parkverkehr bei großen Alemannia-Spielen) spielt sich aber sowieso schon ohne Recyclinghof reger Verkehr ab. Ein Dauerstau an der Ab- und Auffahrt beider Fahrtrichtungen der Krefelder Straße ist also definitiv vorprogrammiert, was ein erhebliches Sicherheitsrisiko für das Gefängnis im Fall von Ausbruchversuchen von Gefangenen bedeuten würde; eine diesbezügliche Antwort der Gefängnisleitung hinsichtlich einer schriftlichen Anfrage des Soerser Forums steht aus (Stand 22.3.2013).   Abgesehen von Bedenken wegen Lärm- und Geruchsbelästigungen für alle unmittelbaren Anwohner (700 Gefangene, 400 JVA-Beamte, ca. 100 – 200 Bürger der Nachbarschaft) ergeben sich weitere ökologische Probleme: Unter Würdigung der Beeinträchtigung des Luftaustausches in der Kaltluftschneise Wurmauen (laut Klimagutachten der Stadt entscheidend für Frischluftzufuhr zur Innenstadt) ist bei zu erwartenden Baumaßnahmen und Containerlagerung im Recyclinghof und bei eventueller Nutzung der benachbarten Parkplatzwiese Eulersweg für ALRV-Bauten eine unerwünschte Verdichtung der Bebauung unmittelbar neben den Landschaftsschutzgebieten Hochbrück und Soers zu befürchten; wenn wöchentlich 2.160 Hin- und 2.160 Rückfuhren, als insgesamt 4.400 Fahrten zusätzlich anstehen, von denen der geringere Teil über die Autobahn abgewickelt werden wird, erhöht sich die Verkehrsdichte durch die Soers von und nach Laurensberg und Richterich erheblich, was kontraproduktiv zu den erfolgreichen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen der zuständigen Dezernentin Nacken ist. Hochgerechnet auf ein Jahr nach der frühesten Eröffnung des Recyclinghofes Nord 2015 ergäbe sich eine Hin- und Rück-Fuhrenbelastung von 200.000 pro Jahr; weil man aber mit ständiger Zunahme der Nutzung rechnen kann, ist die Steigerungsquote der Verkehrsbelastung in 10 Jahren unabsehbar groß. In Bezug auf alle diskutierten oder neuen Alternativstandorte ist das eingeleitete Plangenehmigungsverfahren (samt Emissionsgutachten und Verkehrsgutachten) bis zur Entscheidung vorläufig ausgesetzt, weil man nicht will, „dass zwei hochwertige Lokomotiven, die Verwaltungs-Lok und die Lok beherzter Bürgerproteste aufeinander zurasen“ (Originalton Dr. Barth).  

b) Kampf um Abfall (Was das Soerser Forum beim Anhörungstermin am 19.3.2013 von Bürgern gelernt hat) Kommunen fordern als öffentliche Hand „Systemführerschaft“ in Sachen „Wertstoffrückgewinnung“, wenden sich also z.B. gegen Privatisierung der „gelben Tonne“ und wollen privatwirtschaftlich geführte, dezentrale Recyclinghöfe gern verhindern, weil Recycling zukünftig ein großes Geschäft sein wird. Hinter allem Geplänkel steht aber auch die bessere Auslastung der Müllverbrennungsanlagen (thermisches Recycling). Daraus resultiert der Vorwurf der kommunalen Verwertungsbetriebe, die privaten Verwerter betrieben teilweise „Scheinverwertung“, und so wird seitens der Behörde die Produzentenverantwortung in Frage gestellt, die richtigerweise auf dem Verursacherprinzip beruht. Bei marktwirtschaftlich basierten Lösungsansätzen des Recyclings würden sozusagen „automatisch“ sinnvolle, dezentrale Ansätze auf privatrechtlicher Grundlage gefördert, wenn wirkliche Handlungsfreiheit gelten würde. Es wäre sinnvoll, eine noch ausstehende, gesetzliche Regelung zu finden, die beim sogenannten „dritten Entsorgungspfad“ (inklusive Recyclinghöfe) die Kommunen aus der Pflicht entlässt, allein  Siedlungsabfall-Kreislauf zu verantworten; statt dessen sollte man die Privatwirtschaft nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage mithandeln  lassen (Holsysteme als farbige Tonne in Form eines Wertstoffgefäßes mit spezieller Zielfunktion oder Bringsysteme wie Container in Wohngebieten mit speziellen Öffnungszeiten oder private Recyclinghöfe). Die „krampfhafte“ Suche nach Grundstücken für Recyclinghöfe (möglichst auch im Besitz der öffentlichen Hand, um Kaufpreis zu sparen) ist zweifelhaft, weil die resultierende Zentralisierung in wenigen Großrecyclinghöfen ökologisch sinnlose, lange Privat-Transportwege und hohen Fuhrenbelastung im Umfeld der Zentren verursacht; dagegen würde ein freies Spiel der Kräfte strategisch sinnvolle, da weniger Verkehr bedingende, viele kleine, lokal orientierte, dezentrale Sammelstellen (wie jetzt schon bei Grünabfall praktiziert) „wie Pilze aus dem Boden schießen lassen“ und Groß-Recyclinghöfe erübrigen. Ist im Übrigen einmal die Rechtsgrundlage für einen neuen kommunalen Recyclinghof gefunden und „zementiert“ (auch durch Baumaßnahmen), so neigt dieses öffentlich-rechtliche System dazu, sich am Ort des Recyclinghofes Schritt für Schritt auszudehnen und zur Dauereinrichtung „wie eine Krake“ zu werden. Wenn dagegen eine privatwirtschaftlich geführte, lokale kleine Sammelstelle z.B. unlukrativ wird, kann der Unternehmer aus finanziellen Gründen gar nicht anders als diesen Minirecyclinghof zu schließen; da er aber nicht rechtlich zur Aufrechterhaltung des Recyclinghofes gezwungen wäre (wie jetzt die Kommune), regelte sich die Wertstoffrückgewinnungsquote nach Angebot und Nachfrage im Sinne der geforderten 65%-Zielsetzung markwirtschaftlich „von selbst“. Leider sind Gewerbegebiete darauf aus, solche Gewerbe anzusiedeln, die „sauber“ sind, weshalb eine Diskussion z.B. von einem Recyclinghof auf „Avantis“ (vom Standort „Hand“ als geographischer Zentrale zwischen Richterich und Laurensberg nur 3,8 km, also gleichweit wie der Recyclinghof Soers von diesem Zentrum beider Bezirke entfernt!) von der Behörde und von der Politik rundweg abgelehnt wird: man hofft wohl immer noch auf „Kundschaft in der Wüste“, um sich das Scheitern dieses Projektes eines Hightechgewerbegebietes nicht eingestehen zu müssen. – Auch das vom Planungsamtleiter Kriesel (18.3.2013 bei SPD-Fraktion in Laurensberg) als „Superstandort“ bezeichnete Gewerbegebiet Roder Weg mit dem Zubringer Kohlscheider Straße und mitten in Richterich gelegen und damit sowohl planungstechnisch eventuell relevant für die Verkehrsanbindung des neuen Wohngebietes „Richtericher Dell“ als auch für eine Trassenführung der 258n denkbar wird von der Verwaltung „offen“ gehalten, d.h. nicht für einen öffentlich-rechtlichen Recyclinghof auf städtischem Gewerbegebietgrundstück diskutiert, weil man planungsrechtlich nur langsam vorankommt (vor allem in Sachen 258n) und sich also auf dem eigentlichen „Superstandort“ nichts verbauen will. Da in Sachen „Standort Recyclinghof Nord“ nicht die Leitung der Stadtbetriebe, sondern die Politik entscheiden wird, steht noch die Diskussion des neuen Gewerbegebietes „südlich vom Toledoring“ (als SPD-Vorschlag) als Standort an, wobei ein Flächentausch dieses vorerst privaten Grünlandes mit anderen städtischen Flächen denkbar ist; aber auch dieses Gewerbegebiet in unmittelbarer Nähe zum „Campus West“ wird schon jetzt als „bitte sauber zu haltendes“ Gewerbegebiet reklamiert; Argument, die Fläche gehöre nicht der finanziell klammen Stadt, erscheint vorgeschoben, um keine Hightech-Interessenten für den Campus West vor den Kopf zu stoßen. Dabei ist ein Recyclinghof eingestuft als „nicht störendes Gewerbe“.  

c) Résumé: Nach Meinung des Auditoriums des Soerser Forums (am 19.3.2013) ist ein Recyclinghof Soers nicht in unmittelbarer Nähe des Landschaftschutzgebietes Soers, nicht in der Sicherheitszone des Gefängnisses, nicht in dem Wahrnehmungsbereich der Wohngebiete nebenan ansiedelbar und für eine Anbindung des täglichen Verkehrs von 360 Hin- und 360 Rückfuhren (also 720 Fuhren) plus 20 täglichen LKW Hin- und Rücktransporten in einer jetzt schon überlasteten Sackgasse ohne Ampelregelungsanbindung an die landesrechtlich bewirtschaftete Doppelspur-Krefelder Straße völlig ungeeignet.    

Themen: Der Aachener Norden, Kommunalpolitik, Soers