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Onlineumfrage zum Haushalt geknackt?

26. Januar 2011

Update: Selbst der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ äußerst sich sehr negativ über die Umfrage.

Eine Bemerkung vorab:
Die SPD hat in der letzten Ratssitzung den Antrag gestellt, für 2012 einen echten Bürgerhaushalt einzuführen. Wir sehen hierin eine große Chance.
Wir sehen auch in der Beteiligung durch neue Medien eine große Chance, wenn man es richtig macht. Wir unterstützen das Prinzip von OpenData und wollen in Aachen einen großen Schritt in diese Richtung gehen.

Gerade weil es so viele Chancen gibt, muss man den Einstieg in den Bürgerhaushalt und in neue Beteiligungsformen ehrlich und professionell gestalten und nicht durch einen Schnellschuss. Um eine Ratskollegin der CDU zu zitieren: „Die erste Nacht gibt´s nur einmal!“

Vor diesem Hintergrund nochmal die Frage:
Ist die Onlineumfrage zum Haushalt geknackt?

Wir denken schon. Wir, das sind Andreas Wortmann (Informatiker) und ich selber (Mathematiker).
Die Mittel dazu sind: iMacros für den Firefox, das Tor-Netzwerk und ein Zufallszahlengenerator.
Der Weg ist relativ leicht und für einen IT affinen Menschen ohne erheblichen Aufwand gangbar. Die Frage ist dabei, welche Kriterien genutzt werden, um manipulierte Fragebögen zu erkennen und zu filtern. Fangen wir vorne an:

Genutzt wird das Tool ofb. Es dient dazu, wissenschaftliche Umfragen zu erstellen, bei denen es niemanden gibt, der das Ziel hat, die Ergebnisse „anzupassen“ – anders als im vorliegenden Anwendungsfall.
Welche Sicherheitsmechanismen gibt es? Der wichtigste scheint zu sein: Security bei Obscurity – das hat schon in den 90ern nicht funktioniert.

Es wird genutzt: Abfrage der IP-Adresse, Häufigkeit der abgegebenen Antwortkonstellation, Geschwindigkeit der Abstimmung, Abweichung von der Kontrollgruppe.

Es könnte genutzt werden: Cookies, Browsertyp, Plugins, Bildschirmauflösung usw. Dies ist für ein wissenschaftliches Tool natürlich nicht erforderlich und scheint im vorliegenden Fall auch nicht genutzt zu werden.

Was wir aufgesetzt haben: Tor, iMacros und ein Zufallszahlengenerator (für Latenzen und Antwortvarianten) reichen aus, um die aktuell genutzten Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen. Durch geschickte Ausnutzung der Sicherheitsmaßnahmen wird es sogar unmöglich, die richtigen Fragebögen im Nachhinein aus den korrekt ausgefüllten Bögen zu streichen. Auf diese Weise kann man dann eine einzelne Frage in eine spezielle Tendenz lenken, ohne dabei bemerkt zu werden.

Was bleibt ist der Abgleich mit einer Kontrollgruppe. Hierbei frage ich mich dann aber schon, ob es sinvoll ist, den Abstimmenden zu verbieten, sich zu stark von einer Referenzgruppe zu unterscheiden und wenn man das tut, ob man dann nicht gleich eine repräsentative Umfrage durchführt, anstatt einer solchen Pseudo-Beteiligung.

Natürlich gilt auch hier Security by Obscurity – vielleicht gibt es ja noch weitere Maßnahmen, die nicht bekannt sind, aber das wage ich auszuschließen.

Wie ich hier schon geschrieben habe:
Bitte teilen Sie Ihrer Ratsfrau oder Ihrem Ratsherren doch einfach persönlich Ihre Meinung zum Haushalt mit. Dadurch kommen Sie viel besser an die die Entscheidungsträger heran und müssen sich im Nachhinein nicht ärgern, dass die Umfrage nicht gewertet werden wird.

Neben der Sicherheitsfrage sprechen übrigens noch einige andere Punkte gegen die Umfrage:

1) Sie wurde schon vorab von der Mehrheit herein für unwichtig erklärt.
2) Sie schließt strukturell Menschen aus, die keinen Internetzugang haben (30%!)
3) Sie bevorteilt strukturell die Vorschläge der Verwaltung gegenüber Ihren Eingaben, die nicht zur Abstimmung gestellt werden.

All das kann man leicht besser machen:

Liquid Feedback – das Tool der Piratenpartei
Bonn packt´s an!
Solingen spart!
…oder einfach mit einer Postkarte im Vorfeld, die einen persönlichen Registrierungscode enthalten müsste.

Aber das hätte ja Geld und Vorbereitungszeit gekostet, die Schwarz-Grün nicht hatte oder haben wollte.

Themen: Kommunalpolitik, Presse