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Kein Twitterverbot im Aachener Stadtrat

12. Mai 2011

Update: Jens Ferner (Grüne, Gemeinderat Langerwehe) schreibt zum Thema.

Wie man heute der Lokalpresse entnehmen kann, wurde im Aachener Stadtrat über die Nutzung moderner Medien diskutiert. Im Rahmen dieser Debatte, so kann man nachlesen, habe ich mich bei den Personen entschuldigt, die sich durch meine Bewertung mit Schulnoten verletzt gefühlt haben.

Das Medium Twitter ist für viele Menschen ein sehr wichtiger Informationskanal und ich empfände es als falsch, wenn ihn der Rat des Hochtechnologiestandorts Aachen nicht nutzen würde. Twitter lebt davon, dass verschiedene Meinungen präsent sind, dass sich schnell und zeitnah viele Menschen äußern und wiederum neue Aspekte an verschiedenen Themen erkennen. Hinzu kommt, dass die maximal verfügbaren 140 Zeichen sehr kurz sind. Leider werden dadurch manche differenzierten Aussagen eben härter formuliert, als man es sich wünschen würde. Ich bin mit diesem Medium relativ gut vertraut und an entsprechende Bewertungen gewöhnt. Auf Grund dessen bin ich mit zweien meiner damals etwa 1900 Nachrichten „über das Ziel hinaus geschossen“ und das tut mir leid:


Da ich mindestens einen der Betroffenen verletzt habe, entschuldige ich mich selbstverständlich.


Die Kritik an der „Twitterei“ geht aber über den Inhalt hinaus: Niemand solle während der Ratssitzung das Gefühl haben, „hinter seinem Rücken“ würde über ihn geredet, niemand solle das Gefühl haben die Ratskollegen würden sich mit Nachrichten schreiben ablenken und niemand solle das Gefühl haben, der Ratssaal sei nicht weiter das wesentliche Forum in dem die Diskussion stattfindet. Ich teile diese Bedenken nicht – aber das muss ich ja auch gar nicht.

Der Stadtrat ist nämlich nicht nur der Saal oder die Geschäftsordnung – der Stadtrat sind die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die kollegial und fair über das Wohl der Stadt streiten sollen. Mir haben viele dieser Kollegen gesagt, dass sie nicht möchten, dass ein Ratskollege live aus der Sitzung berichtet. Es stört sie und führt dazu, dass sie sich unwohl fühlen. Gegen einen ausführlichen Blogbeitrag und auch Twittermeldungen direkt am Anschluss der Sitzung hat niemand einen Einwand. Es hat auch niemand ein Problem damit, dass in diesen Beiträgen Details aus den öffentlichen Teilen berichtet werden, so dass absolut klar ist, dass es nicht um „Zensur“ oder „Hinterzimmer“ geht. Das reicht mir als Begründung, um das Twittern sein zu lassen und das Bloggen zu intensivieren.
Es geht ausschließlich um das ehrliche Empfinden meiner Kolleginnen und Kollegen während der Sitzung.

Ein Twitterverbot gibt es übrigens nicht und es hat auch niemand gefordert, alleine schon weil eine Umsetzung unmöglich ist.

Aber – und es war wohl klar, dass ich nicht ohne „aber“ auskommen würde – der Informationskanal „Twitter“ sollte meiner Meinung nach unbedingt und live aus den Ratssitzungen weiter bedient werden. Wie ich schon Anfang April vorgeschlagen habe, sollte ein städtischer Twitterkanal über die Geschehnisse aus der Sitzung berichten und idealerweise würde dies um eine Liveübertragung ins Netz ergänzt.
Mir geht es in erster Linie darum, dass die Menschen, für die Twitter eines der Hauptkommunikationsinstrumente ist, (und davon gibt es viele) sich zeitnah über die Sitzungen des Stadtrats informieren können. Ob dies über Thomas Gerger und Michael Servos geschieht oder über das Presseamt der Stadt Aachen ist mir herzlich egal.

Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass sich die Aachener Ratsleute weitestgehend einig sind, dass „neue“ Arbeitsweisen im Rat und den Ausschüssen ermöglicht werden soll. Das heißt, dass Tischvorlagen rechtzeitig zum Sitzungsbeginn im Ratsinformationssystem eingestellt worden sein müssen, dass man den Postversand abbestellen kann und dass Sitzungssäle mit WLAN oder Kabel gebundenen Zugängen ausgestattet werden müssen. Dies ermöglicht es, während der Sitzung das Allris-System komfortabel zu durchsuchen oder sich aktuelle Informationen zu verschaffen und scheint Konsens zu sein.

Und schließlich wünsche ich mir an passender Stelle auf der Homepage der Stadt Aachen eine Übersicht mit den EMail-Adressen und den weiteren Kontaktdaten der Ratsleute. Idealerweise sowohl als Liste mit Foto als auch als Kartenansicht, so dass jeder auf dem Stadtplan ablesen kann, welche Ratsleute wo kandidiert haben und am besten noch in welchen Fachgebieten/Ausschüssen sie aktiv sind.

Wenn wir 2011 diese Schritte machen, dann kommen wir schon um Einiges weiter und vielleicht wird der Rat ja schon 2020 eine vollständige Digitalisierung der Arbeit umgesetzt haben, wie dies in Jork schon heute Realität ist.

Aachener Nachrichten – Laptops erlaubt, Twittern unerwünscht
Aachener Zeitung – Die Ratsleute sollen nicht mehr zwitschern

PS: Die mutlose Erhöhung der Parkgebühren ohne Lenkungsfunktion wurde wie von Schwarz-Grün vorgesehen beschlossen. Allerdings geht die Verwaltung nicht von 700.000 Euro Mehreinnahmen aus, wie es der Presse zu entnehmen war, sondern nur von 350.000 Euro.
PPS: Während der gestrigen Ratssitzung klingelten übrigens zwei Handys lautstark und ein Anruf wurde sogar angenommen…

Themen: Kommunalpolitik, Presse