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Karlspreis 2012 – Begründung meiner Absage

26. März 2012

So wie schon 2010 und 2011 wurde ich auch in diesem Jahr wieder zur Verleihung des Karlspreises eingeladen. So wie ich in 2010 und 2011 die Einladung gerne angenommen habe, um die Menschen, die ich als Ratsherr vertrete auch beim Karlspreis zu repräsentieren, so habe ich in diesem Jahr die Einladung abgelehnt.
Ich habe am 17.5. keinen Termin und wäre somit zeitlich ohne weiteres in der Lage, der Verleihung beizuwohnen, aber ich bin der Überzeugung, dass die Vergabe des Karlspreises an Herrn Schäuble falsch ist und möchte diese Position dokumentieren.
Es ist nachvollziehbar, dass man am Ende einen Preisträger ausgesucht hat, der zumindest „verfügbar“ ist, nachdem man ja zunächst niemanden gefunden hatte. Die Inhalte und Arbeiten, für die Wolfgang Schäuble nun jedoch geehrt werden wird, sind bereits durch die Ehrung Helmut Kohls „vergeben“.
Darüber hinaus spricht viel zu viel gegen eine Ehrung Schäubles:

  • Seine Kontakte zu Waffenhändler Karlheinz Schreiber (siehe CDU-Spendenaffäre), die 100.000 Euro Spendengeld, die er von ihm angenommen hat und die bis heute verschollen sind.
  • Seine von ihm mitinitiierte Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
  • Sein 2005 geäußerter Vorschlag, die Aussagen von gefolterten Menschen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden zuzulassen
  • Seine Position, die Bundeswehr für Einsätze im Inneren zu nutzen
  • Sein Vorschlag zur Zweckentfremdung der Maut-Daten (und anderer gespeicherter Daten) zur Fahndung
  • Seine Meinung, den rechtskonformen Einsatz des sogenannten Bundestrojaners zu ermöglichen und dazu die Strafprozessordnung, das BKA-Gesetz, die Polizeigesetze der Länder sowie den Artikel 13 des Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert, entsprechend zu ändern.
  • Die teilweise Aufhebung des Schengenabkommens aus Sicherheitsgründen, zum Beispiel beim G8-Gipfel in Heiligendamm und zur Fußball-WM
    Seine „Schwierigkeiten damit“, dass ein Terrorist den gleichen Schutz durch das Grundgesetz genießt wie jeder andere Bürger.
  • Seine Haltung, Deutschland in einen Sicherheits- und Präventivstaat umbauen zu wollen, insbesondere die vorgeschlagenen Online-Durchsuchungen von privaten Computern oder die Vorratsdatenspeicherung, aber auch gesetzliche Einschränkungen der Netzneutralität und Informationsfreiheit, was ihm von der Internetgemeinde den Spitznamen „Stasi 2.0“ einbrachte.
  • Die Aufzählung habe ich geschlossen von Mediengestalter.cc übernommen. Er hat jeden einzelnen Punkt mit einer oder mehreren Quellen belegt.
    Ich habe es mir nicht leicht gemacht, da ich eine gewisse Verpflichtung darin sehe, als Ratsherr an der Verleihung des Karlspreises teilzunehmen, aber in diesem Fall sehe ich zum einen keinen großen Verdienst für Europa (der nicht bereits mit dem Karlspreis für Helmut Kohl vergeben wäre) und zum anderen halte ich die Haltung Herrn Schäubles zu unseren Grundrechten und dem europäischen Ideal der Freiheit für äußerst bedenklich. Er mag Kohl bei seiner Arbeit für Europa hervorragend unterstützt haben, aber vor allem stellt er regelmäßig Werte in Frage, die untrennbar mit der europäischen Idee verbunden sind.

    Ich kann folglich nicht guten Gewissens an der Verleihung des Karlspreises teilnehmen.

    Themen: Kommunalpolitik, Landes-, Bundes- und Europapolitik