Was hat sich denn die Mehrheit da nur wieder ausgedacht? In einer Ratsvorlage zum Thema „Bürgerbeteiligung bei Haushaltskonsolidierung“ heißt es, dass die Bürgerinnen und Bürger an den Sparplänen der Ratsmehrheit mitarbeiten sollen.
Ich habe hier schon geschrieben, dass ich es sehr bedauernswert finde, dass nur Sparvorschläge abgefragt werden, statt ein festes Budget verteilen zu lassen und auf diese Weise auch inhaltliche Prioritäten setzen zu lassen.
Ich habe auch schon festgestellt, dass ich eine fundierte, verbindliche Bürgerbeteiligung unterstütze. Sowas wie die nun offengelegten Pläne von Schwarz-Grün halte ich aber für indiskutabel! Ich zitiere die Vorlage:
Aus diesen vorbereitenden Gesprächen leitete sich allerdings auch folgerichtig ab, dass in den vorgegebenen Zeiträumen eine komplexe Beteiligung zum Haushalt 2011 und vorliegender Konsolidierungsvorschläge nicht geleistet werden kann.
An dieser Stelle ziehe ich den Schluss, dass man für 2011 früher planen und in einen wirklichen Bürgerhaushalt einsteigen sollte. Statt dessen liest man weiter:
Gleichwohl schlägt die Verwaltung vor, einen Einstieg in die Bürgerbeteiligung vorzunehmen. Dabei sollten wesentliche Eckdaten des Haushaltes thematisiert und auch nach außen wirkende Konsolidierungsvorschläge sowie Alternativen über das Internetforum der Stadt Aachen dargestellt und zur Bewertung – Ablehnung, Zustimmung, Kommentar – gestellt werden.
Klingt auf der ersten Blick natürlich auch nicht schlecht. Dann liest man aber „über das Internetforum“ und fragt sich, ob durch diese Auswahl nicht bereits das Meinungsbild verfälscht ist. Das Internet ist für viele Menschen unerreichbar. Ich beteilige mich seit kurzem als „Trainer“ an einem IT-Kurs für Seniorinnen und Senioren und kann bestätigen, dass viele der Menschen keinen Zugang zur Abstimmung haben würden.
Auf diese Weise ist die Beteiligung schon im Keim wertlos. Jeder Politiker wird sich die geeigneten Argumente herauspicken und damit argumentieren. Ein verbindliches Ergebnis wird es nicht geben. Wenn man dann noch die Positionierung der Mehrheit zum eigenen Antrag liest, dann weiß man schnell, wohin die Reise geht:
Spielt also eher die erzieherische Wirkung eine Rolle, oder sollen die Vorschläge aus der Mitte der Bevölkerung tatsächlich so umgesetzt werden? Sicher nicht im Verhältnis eins zu eins, wie Baal deutlich macht: «Und ist klar, dass diese Form der Bürgerbeteiligung den Rat nicht davon entlasten wird, die letzte Entscheidung zu fällen.»
Bei Schwarz-Grün hieß es einen Tag vor der Ratssitzung ergänzend, Tabus bei der Themenfestlegung habe es nicht gegeben. Andererseits sei schon mit einigem Bedacht darauf verzichtet worden, etwa die Schwimmhallen oder die Schulabschlüsse an der VHS zu thematisieren.
Auf diese Weise erzeugt man wissentlich Politikverdrossenheit!
Ich möchte mich an dieser Stelle dringend gegen diese Pseudo-Beteiligung aussprechen und für eine wirkliche Bürgerbeteiligung, die ein repräsentatives Ergebnis liefert, echten Handlungsspielraum an die Menschen weitergibt und dabei nicht von vorneherein auf einer Bevormundung durch die Politik basiert. Hierbei ist es wichtig, die wirklichen Ersparnisse und Mehrkosten intensiv zu recherchieren. Eine solche fundierte Datenbasis muss aber vernünftig ausgearbeitet werden, um den Menschen eine ehrliche Chance zu geben, die Themen zu bewerten. Wie soll das in der Kürze der Zeit noch geschehen?
Mein Fazit: Die vorliegende Idee ist prinzipiell gut, aber die Umsetzung mangelhaft.
Die Aachener Nachrichten schreiben zum Thema:
Der Bürger selbst soll die Steuern regeln
Schwarz-Grün will die Aachener an der Gesundung des maroden Haushalts beteiligen und fragen, wo denn der normale Bürger sparen würde. Oder, vielleicht noch besser, wie er neue Einnahmen zu erzielen gedenkt.
So jedenfalls stand des in einem gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen, der von Ende August stammt und in der heutigen Sitzung des Stadtrats behandelt wird. Zu diesem Termin sind jetzt von der Verwaltung die «Themenfelder zur Bürgerbeteiligung bei der Haushaltskonsolidierung» benannt worden, und da sind durchaus ein paar tüchtige Aufreger dabei.