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Bremsen nun Radler den Bus aus? – Hinter den Kulissen…

15. November 2011

Der Artikel in der Aachener Zeitung „Bremsen nun Radler den Bus aus?“ hat einen interessanten EMailaustausch hinter den politischen Kulissen ausgelöst. Da alle Beteiligten der Veröffentlichung zugestimmt haben, darf ich ihre EMails an dieser Stelle unkommentiert zum Lesen anbieten:

Den ursprünglichen Artikel von Oliver Schmetz findet man hier…

Darauf hin schrieb Roland Jahn (Grüne), Vorsitzender des Mobilitätsausschusses:

Sehr geehrter Herr Schmetz,
zum heutigen Artikel über die neuen Fahrbahnmarkierungen in der Peterstraße bitte ich um folgende Korrektur:

In dem Artikel beklagt sich Frau Volkmer, dass der ADFC über die geänderte Markierungen nicht informiert worden sei. Das ist falsch. Die Fraktionen wurden über die beabsichtigten Änderungen von der Verwaltung in einem interfraktionellen Gespräch am 12.10.2011 informiert. Die Pläne wurden von allen Teilnehmern zustimmend zur Kenntnis genommen, ich wurde als Vorsitzender des Mobilitätsausschusses gebeten, den ADFC über diese Änderungen zu informieren, was ich per Mail am 16.10.2011 auch getan habe (an die Adresse info@adfc-ac.de).
Ich erhielt auch am 26.10.2011 von dieser Adresse eine Reaktion (von Herrn S.), der darin Vorschläge für die Breite der Fahrspuren machte, aber die Maßnahme grundsätzlich nicht kritisierte. Insofern wird in dem Artikel wieder mal der falsche Eindruck gemacht, Politik und Verwaltung würden sich bei Entscheidungen nicht ausreichend kundig bei betroffenen Bürgerinnen und Bürgern oder Verbänden machen. Ich würde es auch für professioneller empfinden, wenn Sie mich als Vorsitzenden
des Mobilitätsausschusses bei Recherchen zu zu solchen Artikeln ansprechen würden.

Fachlich möchte ich noch folgendes hinzufügen:
Alle im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen arbeiten zur Zeit gut zusammen in dem Bemühen, die Bedingungen für den ÖPNV und den Radverkehr sowie für Fußgänger zu verbessern, um die Ziele des Luftreinhalteplans zu erreichen. Die Maßnahme an der Peterstraße bevorzugt in keiner Weise den Autoverkehr, sondern ermöglicht dem Bus, an dem Stau, der regelmäßig vor Weihnachten vor dem Parkhaus Büchel steht, vorbeizufahren. Für die Radfahrer bieten sich in dieser Richtung zwei Alternativen, je nach Verkehrsmenge. In der anderen Richtung ist aus meiner eigenen Erfahrung die Fahrspur ausreichend breit, so dass der Bus langsame Fahrradfahrer überholen kann. „Normal-schnelle“
Fahrradfahrer – wie ich mich selbst bezeichnen würde – sind an dieser Stelle sowieso schneller als der Bus.

Gruß
Roland Jahn
Grüne Fraktion im Rat der Stadt Aachen
Vorsitzender des Mobilitätsausschusses

Darauf erhielt er eine Antwort von Monika Volkmer (ADFC), die im Artikel zu Wort kam:

Lieber Roland Jahn, sehr geehrter Herr Schmetz,

ich bin im Artikel leider nicht ganz korrekt zitiert worden, sodass nun offenbar der Eindruck entstanden ist, dass innerhalb des ADFC die eine Seite nicht weiß, was die andere tut.

Es ist zutreffend, dass wir von Herrn Jahn am 16.10.2011 eine Mail erhalten haben, auf die Herr S. kurzfristig am 26.10.2011 geantwortet hat. Am gleichen Tag (oder sogar noch früher) waren jedoch bereits die ersten Markierungen auf der Fahrbahn aufgebracht worden.

Der Zeitraum zwischen der Information vom 16.10.2011 bis zu den ersten Markierungen am 26.10.2011 umfasste lediglich 10 Tage (!) und ist aus unserer Sicht keinesfalls lang genug, um sich ausreichend mit dem Thema beschäftigen zu können, zumal der ADFC ehrenamtlich arbeitet. Des Weiteren hat es laut Zeitungsbericht offenbar Gespräche mit Polizei und Aseag gegeben, zu denen wir jedoch nicht eingeladen worden waren. Insofern sind wir zwar kurz vor Schluss noch informiert worden, der Zeitpunkt hierfür war jedoch definitiv viel zu spät – so spät, dass Änderungsvorschläge faktisch nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Und auch so spät, dass wir die geplante Maßnahme intern gar nicht umfassend bewerten konnten, da wir uns ausschließlich per Mail austauschen konnten.

Ich bitte daher um Verständnis darüber, dass wir darüber nicht gerade erfreut waren.

Vor diesem Hintergrund hatte ich Herrn Schmetz dann dementsprechend gesagt, dass wir lediglich aus der Politik, nicht aber von der Verwaltung informiert worden waren. Diese Aussage ist zutreffend, sie wurde aber leider verkürzt dargestellt.

Die inhaltliche Diskussion zum Thema Peterstraße möchte ich an dieser Stelle jetzt nicht weiterführen – sie hätte vorher mit ausreichendem Zeitpuffer geführt werden sollen, war aber wegen der extrem kurzen Zeit zwischen Information und Umsetzung gar nicht möglich. Im Übrigen ist unsere Position im Artikel von Herrn Schmetz weitgehend zutreffend dargestellt worden, wofür ich Herrn Schmetz an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte.

Ansonsten begrüßen wir natürlich ausdrücklich die in der Regel gut funktionierende Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung, die wir selbstverständlich auch weiter fortführen möchten. Aachen ist bereits heute viel fahrradfreundlicher als andere Städte (wie z.B. Hamburg) und auf einem guten Weg, diese Position weiter auszubauen. Darüber werden wir auch in der nächsten Ausgabe unserer Vereinszeitschrift Luftpumpe berichten.

Wir erlauben uns jedoch, nicht alle Maßnahmen aus Radfahrersicht auch gut zu finden. Und die zwangsläufig auftretenden Konflikte zwischen dem hohen Busverkehr und dem Radverkehr auf der Peterstraße sind aus unserer Sicht eben keine gute Lösung. Die Entzerrung zwischen Busverkehr und Pkw-Verkehr ist gut und sinnvoll – aber warum muss auf der Peterstraße zwischen Blondelstraße und Elisenbrunnen überhaupt Pkw-Verkehr stattfinden? Das Parkhaus Büchel sollte schließlich längst abgerissen worden sein…

Zu guter Letzt noch ein Angebot: Verkehrspolitische Themen lassen sich oft per Mail nur unzureichend darstellen – bei Bedarf stehen wir daher für ein persönliches Gespräch gerne zu Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Monika Volkmer
1. Vorsitzende
ADFC Kreisverband Aachen e.V.

Und zu guter (bisher) letzt antwortete Herr Schmetz, der Redakteur des Artikels:

Sehr geehrter Herr Jahn,

vielen Dank für Ihre Mail. Allerdings kann ich Ihre Bitte um eine Korrektur nicht ganz nachvollziehen. Denn in dem Artikel beklagt sich Frau Volkmer nicht darüber, dass der ADFC nicht informiert worden ist, sondern dass er nicht an der Suche nach einer Lösung beteiligt worden ist (Zitat: Die Radfahrer hat übrigens vorher keiner gefragt. „Das ärgert uns sehr“, sagt Volkmer.) Dass der ADFC informiert worden ist, hat Frau Volkmer mir in unserem Gespräch mitgeteilt – „aus Reihen der Politik“, wie sie sagte, und „ganz zum Schluss“, wie sie hinzufügte. Auf Letzteres weist der letzte Satz meines Artikels hin: „Wir konnten uns erst mit dem Thema befassen, als die ersten Pinselstriche schon auf die Fahrbahn aufgetragen wurden.“

Ich kann verstehen, dass Frau Volkmer sich verkürzt wiedergegeben fühlt, zumal Sie sie nun so heftig kritisieren und dies auch flächendeckend in Politik und Verwaltung kundtun (siehe Cc). Es wäre sicher besser gewesen, wenn ich die Info „aus Reihen der Politik ganz zum Schluss informiert“ noch in den Artikel gepackt hätte. Denn es hätte dem besseren Verständnis gedient. So kann man das missverstehen, vor allem, wenn man es will.

Denn an der Sache, die in meinem Artikel thematisiert wird, ändert das Ganze meines Erachtens überhaupt nichts. Die Verkehrsänderung ist von Verwaltung, Polizei und Aseag beraten und beschlossen worden, die Politik wurde anschließend – wie Sie selber bestätigen – in einem interfraktionellen Gespräch informiert, hat den Beschluss abgenickt, und dann hat man noch schnell den ADFC informiert. Warum hat man denn nicht vor der Entscheidung eine Stellungnahme des ADFC eingeholt, wie das in anderen Fällen schon geschehen ist? Hat man es vergessen? Oder war es nicht gewollt? Ihr Vorwurf, sehr geehrter Herr Jahn, in dem Artikel werde „wieder mal der falsche Eindruck gemacht, Politik und Verwaltung würden sich bei Entscheidungen nicht ausreichend kundig bei betroffenen Bürgerinnen und Bürgern oder Verbänden machen“, geht deshalb ins Leere. Denn genau so ist es doch gewesen: Niemand hat sich rechtzeitig kundig gemacht beim ADFC. Und schon gar nicht hat man den ADFC in irgendeiner Form in die Entscheidung eingebunden – wie mir im Übrigen im Zuge meiner Recherche auch vom städtischen Presseamt bestätigt worden ist.

Apropos Recherche: Dass Sie, sehr geehrter Herr Jahn, mir Ratschläge bezüglich meiner Profession erteilen, ist wahrscheinlich nur nett gemeint. Aber ich kenne mich im journalistischen Handwerk recht gut aus. Deshalb kurz zur Erklärung: Ich habe bei der Recherche zu besagtem Artikel die an der Entscheidung beteiligten und handelnden Institutionen kontaktiert: Stadtverwaltung, Polizei, Aseag. Außerdem habe ich die Betroffenen (aber leider nicht Beteiligten) kontaktiert: den ADFC. Die Politik hat meines Wissens bloß die Entscheidung in einem interfraktionellen Gespräch „zustimmend zur Kenntnis“ genommen, wie Sie selber schreiben, und in dem Ausschuss, dessen Vorsitzender Sie sind, ist das Thema doch gar nicht beraten worden, oder? Warum also hätte ich Sie ansprechen sollen?

Schließlich noch zu Ihren fachlichen Anmerkungen: Dass sich für die Radfahrer, wie Sie schreiben, in dieser Richtung (also in Richtung Elisenbrunnen) zwei Alternativen bieten, ist richtig. Aber das steht auch so in meinem Artikel. Bloß ist die Situation für Radfahrer jetzt mitnichten besser als vorher, sondern eher schlechter, was ja auch der ADFC kritisiert. Und das an einer Stelle, an der meines Wissens auch die Grünen lieber gar keine Autos mehr sähen. Dass in der anderen Richtung die Fahrspur ausreichend breit ist, wie Sie schreiben, ist völlig richtig. Aber das ändert nun einmal nichts daran, dass die Busspur in Richtung Elisenbrunnen offenbar viel zu eng ist, um Busse gefahrlos Radfahrer überholen zu lassen.

Sehr geehrter Herr Jahn, ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort helfen konnte. Und ich habe überhaupt nichts dagegen, dass Sie diese Diskussion öffentlich führen möchten (siehe Cc).

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Schmetz
(Aachener Zeitung)

Themen: City, Der Aachener Norden, Kommunalpolitik, Presse