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AN – Kehrtwende: Gemeinsamer Antrag zum Kaiserplatz von SPD und Grünen

02. Juni 2009

Aus den Aachener Nachrichten, von Heiner Hautermans 29.05.2009:

Aachen. Die Worte ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: «Wenn das Haus brennt, muss man löschen.» Bemerkenswert auch das Thema, auf das der Vergleich gemünzt war: Drogenszene am Kaiserplatz.

Und ebenfalls nicht alltäglich: Den Satz sagt Hilde Scheidt, Bürgermeisterin und sozialpolitische Sprecherin der Grünen.

Der Partei, wie sie in einer Pressekonferenz am Freitag einräumte, die sich vor 20 Jahren noch nicht vorstellen konnte, dass eine gemeinsame Wache von Polizei und Ordnungsamt an dem Brennpunkt eingerichtet würde.

Die gibt es längst, löst aber nicht die Probleme vor Ort. Deshalb haben SPD und Grüne jetzt die Kehrtwende eingeleitet. «Die Grenze der Belastbarkeit der angrenzenden Stadtviertel ist überschritten», formulierte es Oberbürgermeisterkandidat Karl Schultheis.

«Die Situation, wie sie ist, kann nicht so bleiben», legte Ratskollegin Hilde Scheidt nach. Damit dürfte sie so manchem Geschäftsmann, Anwohner oder Arzt aus dem Umfeld aus dem Herzen gesprochen haben.

Diese haben sich in einer Initaitive Kaiserplatz zusammengeschlossen und stellen seit Jahren entsprechende Forderungen, die offenbar jetzt erhört werden.

Man wolle ein «wichtiges Signal in Richtung Anwohner setzen», meinten Schultheis und Scheidt. Wobei die beiden Spitzenpolitiker noch keine einfache Lösung für ein komplexes Problem aus dem Hut zaubern konnten.

Sie plädierten zunächst einmal für die «Entwicklung und Umsetzung einer überarbeiteten Suchthilfekonzeption in der Städteregion unter Berücksichtigung einer grenzüberschreitenden Kooperation in der Euregio».

Trotz dieses relativ unverbindlich klingenden Wortungetüms will Rot/Grün nicht lange fackeln. Noch vor der Sommerpause sollen Gespräche mit allen Beteiligten, Anwohnern, Drogenhilfe, Ordnungs- und Gesundheitsamt sowie Hilfsorganisationen geführt werden, außerdem soll das schwierige Thema auf die Agenda in der Städteregion und der Euregio gesetzt werden.

Angestrebt wird unter anderem die «Dezentralisierung der Suchthilfeangebote und die Trennung der verschiedenen Problemgruppen».

Es sei schon immer ein schwieriges Spannungsfeld für Stadt und Kreis Aachen gewesen, befand SPD-Vorsitzender Schultheis.

Schon mehrfach habe man in den letzten 20 Jahren (damals wurde die erste Beratungsstelle am Kaiserplatz eröffnet) nachjustieren müssen, doch jetzt sei erneut die Balance verlorengegangen und bestehe dringender Handlungsbedarf.

Wie der konkret aussehen könnte, dafür gaben Schultheis und Scheidt einige Beispiele: etwa in der schon vor Jahren geforderten kontrollierten Abgabe eines Herionersatzstoffes, wie er jetzt vom Bundestag beschlossen worden ist.

Im Rahmen des Stadtteilerneuerungsproramms Aachen-Nord könne man beispielsweise Landesgelder auch für neue Beratungsangebote einsetzen.

Man müsse auch die Frage stellen, ob sich der Druckraum am Kaiserplatz befinden müsse, ob die Beratungsstellen dort andere Öffnungszeiten bekommen müssten oder überhaupt noch Alkohol auf dem Vorplatz getrunken werden dürfe.

Beispiel Freiburg: Dort habe ein grüner Oberbürgermeister eine ähnliche Verbotsentscheidung getroffen, sagt Hilde Scheidt: «Es gibt keine Denkverbote.»

Denn nicht nur die 600 Konsumenten illegaler Drogen bereiten den Politikern Kopfschmerzen, auch die 4000 Alkolabhängigen auf Stadtebene, darunter eine steigende Zahl junger Leute.

Miteintscheiden will man auch über die Standorte von betreuten Wohnungen für Suchtkranke, die zurzeit in der alleinigen Verfügungsgewalt der Landschaftsverbände stehen.

Und schließlich sieht man auch die Kommunen im Kreis in der Pflicht, Stichwort Dezentralisierung. Denn am Kaiserplatz stehen auch Junkies aus Würselen oder Kohlscheid. «Es darf nicht sein, dass ein Partner die ganze Last trägt.»

Wobei beiden Politikern klar ist, dass ein steiniger Weg vor ihnen liegt. Schultheis: «Es wird eine Menge Arbeit sein.» Scheidt: «Man muss auch mit anderen ehrlich reden.» Etwa in einer Anhörung, die im ersten Schritt stattfinden könnte.

Themen: City, Der Aachener Norden, Kommunalpolitik, Presse